// Schwan

In einer Winternacht verschwanden die Schwäne, liessen Seen und Teiche verwaist zurück. Niemand sah, wohin sie gingen, niemand beobachtete die Reihe stolz gestreckter Hälse, die flatternde Wolke weisser Flügel, die sich in der Nacht verlor. Übrig blieben nur Schwanspuren im frisch gefallenen Schnee.

„Vielleicht“, sagte Aurelia am nächsten Morgen mit der ganzen Weisheit ihrer vier Lebensjahre, „vielleicht wollen sie nicht mehr der Queen gehören, sondern sich selber.“ Aber Aurelias Mutter musste sich aufs Lächeln konzentrieren und Aurelias Vater konzentrierte sich darauf, ein weiteres perfektes Familienfoto zu schiessen, und die ratlosen Parkwächter konzentrierten sich auf die leere, dunkle Wasseroberfläche und die Enten starrten von Weitem auf das hektische Suchen und Rufen und Locken. So hörte niemand, was Aurelia sagte, und niemand half Aurelia einen Brief an die Queen zu schreiben und die Queen schenkte den Schwänen ihre Freiheit nicht und die Schwäne blieben fort.

Dafür kamen Ornithologen und Biologen und Zoologen, aber die redeten nicht mit Aurelia, sondern mit Aurelias Papa, der meinte, der Park sei schon nicht mehr das Gleiche, so ganz ohne Schwäne, und mit Aurelias Mama, die sagte, für die Kinder sei es besser so, die seien ja ziemlich aggressiv, diese Schwäne, und gross noch dazu. Und weil niemand mit ihr redete, redete Aurelia halt mit den Enten. „Immerhin seid ihr jetzt frei. Jetzt hat es niemanden mehr, der euch rumscheucht. Jetzt gehört das Ufer euch“, sagte sie und die Enten schnatterten und nickten und pickten am Gras.