// Nordstern

Wenn der Nordstern ruft, dann folge ihm. Pack einen Apfel und zwei Haselnüsse, drei Kieselsteine und vier Wimpern, und einen Fingerhut voll Mut, mehr brauchst Du nicht. Wickel alles in ein Seidentuch, Dein Pullover tut es auch. Tritt mit dem linken Fuss zuerst über die Schwelle, mach am Briefkasten kurz Halt. Falte Deine Vernunft in einen Umschlag, schreib Deinen Namen drauf und wirf sie ein. Sie wiegt zu schwer für diese Reise. Lauf los mit einem Hüpfer, folge der Nachbarskatze bis zum Märchenwald. Wünsch Dir ein schwarzes Pferd mit einer Wimper, das weisse kennt den Weg im Dunkeln nicht. Für den Apfel trägt der Rappen Dich zum Mammutbaum. Verbeug Dich kurz, und fang zu klettern an, Du musst den hundertdreiundzwanzigsten Ast erreichen. Verzähl Dich nicht, man fällt nur allzu leicht von dieser Höhe, die Wolken sind schwer und klebrig hier. Wenn Du Dich darin verfängst, wünsch Dir ein Eichhörnchen, blas die Wimper ins Geäst nach links. Für zwei Haselnüsse beisst es Dich los und führt Dich auf dem Ast zur letzten Nadelspitze, wo eine Strickleiter in die Nacht nach oben hängt. Leg zwei Kieselsteine in die Hosentaschen, nimm den dritten in den Mund, damit Du nicht zu schnell ins Nachtblau fällst. Fang mit dem Aufstieg an, er dauert bis zum Morgengrauen, wünsch Dir die Nacht zurück, sonst schluckt das Licht Dich mit dem ersten Sonnenstrahl. Wenn Du am Mond vorbei bist, wirf die Kiesel in den grossen Wagen, und sorg Dich nicht, die Bärin hat ein dickes Fell. Nimm die letzte Wimper, wünsch Dir einen Weg, doch sei gewarnt, Du siehst ihn nicht. Besser Du schliesst die Augen und läufst mit dem Herzen als Sextant. Den Nordstern erkennst Du an seinem warmen Lachen, er nimmt Dich zärtlich bei der Hand. Mach die Augen auf, stürz Dich ins Abenteuer – und ja, jetzt brauchst Du Deinen Mut.

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